ReUse Rotorblade

Wir haben ein Problem. Ein Müllproblem als Folge unserer Konsumgesellschaft. Die Sport-, Freizeitindustrie, der Boots-, Kleinflugzeug-, Nutzfahrzeugbau sowie die Windenergiebranche in Form der Rotorblätter der produzieren laut Umweltbundesamt allein in Deutschland jährlich ca. 440 kt Glasfaserverbundkunststoffe (GFK). Ausgehend von dieser Produktion, wird das jährliche Abfallaufkommen an GFK auf mehrere hunderttausend Tonnen geschätzt (Quelle 01). Allein ca. 30.000 t jährlich fallen an Rotorblättern von 20 bis 60 m Länge an. Bei einem Gewicht von 5-10 t je Blatt, sind das ca. 4.000 Rotorblätter, die nun nach 20-30 Jahren Nutzungsdauer das Ende ihrer ERSTnutzung erreicht. Denn WARUM sollten sie nicht weitere Jahrzehnte in hochwertiger Anwendung des Bauwesens im Stoffkreislauf im Sinne der Circular Economy genutzt werden; im Ganzen oder in Großabschnitten? Denn das Bauwesen benötigt Technologien, die den Rohstoffverbrauch und somit CO2 Emissionen verringern.

Gemeinsam mit dem Forschungsbereich für Leichtbau mit Verbundkunststoffen der HTWK Leipzig, mit OX2 Architekten und Tragwerksplaner Knippers Helbig, die bereits eigene Vorarbeiten veröffentlicht haben (rethink rotor) aber auch in Kooperation mit AFFECT company diskutiert Pamela Voigt wie Rotorblätter eine zweite Nutzung im Hochbau erhalten können. Beratend und organisierend unterstützte sie erste Bauteilprüfungen als Tastversuche, die innerhalb des Projektes Crap Sogn Gion, Laax, CH, von AFF Architekten Lausanne mit Schnetzer Puskas Ingenieure, im Otto-Mohr-Laboratorium der TU Dresden durchgeführt wurden. Das Ergebnis: JA, es könnte gehen aber der Aufwand ist groß, denn tragende Elemente des Hochbaus sind auf Zug, Druck und Biegung ausgelegt, nicht auf die nachgewiesenen aerodynamischen Lasten der Hochleistungsbauteile des Ingenieurbaus. Rotorblätter in der Anwendung des Bauwesens müssen neu analysiert und getestet werden. Ein zeitlicher und finanzieller Aufwand, den Bauauftraggeber scheuen. Daher wurden bereits Forschungsgelder beantragt, für eine lösungsorientierte praktische Anwendungsforschung, um schnellstmöglich Einsatzfelder nachzuweisen, Projektabläufe und deren Kosten zu definieren aber vor allem, um mit Prototypen zukünftige Auftraggeber zu überzeugen.

 Zukunftstechnologie aus Abfall als Rohstoff benötigt die Zusammenarbeit und Aufgeschlossenheit verschiedenster Wirtschaftsdisziplinen, vor allem der Anwender und der genehmigenden Ämter, um Realität zu werden. Denn der Ansatz ist in sich revolutionär, da es ein vollständiges Umdenken aller Beteiligten fordert. In dieser Entwicklung muss eine hohe Flexibilität und Innovationskraft bewiesen werden. Denn letztendlich zählt nicht die Idee, sondern dessen reale Ausführung und demnach Leistungsfähigkeit.

Wir als Architekten und Ingenieure suchen Kooperationspartner und Auftraggeber für das ReUse-Bauen.

 

Quellen:

01       Umweltbundesamt: Digital Kreisläufe schließen am Beispiel des Recyclings von Sportbooten, Leichtflugzeugen sowie Bedarfsgegenständen aus Faserverbundwerkstoffen. Texte 93/2023, S. 54

Veröffentlichungen zum Thema:

tec21. 03. November 2023: "Der Müllberg wird uns überfluten." / "Das Rotorblatt als Ressource." / "Auf dem Prüfstand." / "Re-Use auf dem Crap Sogn Gion."

Voigt, Pamela: „Wiederverwendete Faserkunststoffe können in Lärmschutzwänden zum Einsatz kommen“ In: Straßenverkehrstechnik. Spezial: Lärmschutz, Heft 11/2023, S. 795f., Kirschbaum Verlag GmbH, Bonn

P. Johst, M. Kucher, M. Bühl, P. Schulz, R. Kupfer, L. Schilling, R. M. Santos, C. Carneiro, P. Voigt, N. Modler R. Böhm: Identification and Environmental Assessments for Different Scenarios of Repurposed Decommissioned Wind Turbine Blades | in: Materials Circular Economy (springer.com)

P. Johst, K.-R. Chatzipanagiotou, M. Kucher, W. Zschiebsch, P. Voigt, D. Breinl, E.P. Koumoulos, R. Böhm: Concept and Life Cycle Assessment of a Tiny House Made from Root Section Structures of a Decommissioned Large-Scale Wind Turbine Blade as a Repurposed Application | in: Materials Circular Economy (springer.com).

Projektentwicklungen in Kooperation mit OX2 Architekten, Aachen, mit AFF Architekten, Lausanne und mit Forschungsbereich für Leichtbau mit Verbundkunststoffen der HTWK Leipzig HTWK Leipzig